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FINANZIERUNG VON STOFFSTRÖMEN UND INNOVATIVEN KOHLENSTOFFKREISLÄUFEN

Die Circular Economy gilt als ein wesentlicher Hebel innerhalb der Transformation. Während natürliche Senkenlösungen zur Bindung von CO2 aus der Atmosphäre bereits anerkannt sind, fehlt bei kohlenstoffbasierten Rohstoffkreisläufen noch das kollektive Verständnis.

Wie sehen solche innovativen Kohlenstoffkreisläufe aus, wie ist die Sicht der Wissenschaft und wie können diese Kreisläufe finanziert werden? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Workshops, den B.A.U.M. am 13. Dezember 2023 im Rahmen des Sustainable Economy Summit in Berlin ausgerichtet hat. B.A.U.M.-Vorstandsmitglied Heiko Rittweger, der den Workshop moderierte, hatte zwei weitere ausgewiesene Experten aus dem Netzwerk zu Impulsen eingeladen.

Senkenpotenzial von 10 Mio. t CO2e pro Jahr

Heiko Rittweger, Geschäftsführer der Rittweger & Team GmbH und u.a. Cradle-to-Cradle®-Design Consultant, führte in den Workshop ein. Das nicht-naturbasierte CO2-Senkenpotenzial schätzt er auf 10 Mio. t CO2e pro Jahr. Nur im Zusammenspiel von Wissenschaft, Wirtschaft und Finanzwirtschaft kann dieses Potenzial seiner Ansicht nach gehoben werden.

In seinem Impuls nannte er als Beispiel das DecoBoard der Pfleiderer Gruppe aus Neumarkt i.d.Opf., eine Spanplatte, die in einem zu 100% geschlossenen Stoffkreislauf geführt werden kann. Im Gegensatz dazu seien konventionell hergestellte Spanplatten nach Ende der Nutzungsphase zur sogenannten thermischen Verwertung verdammt. Ein weiteres Beispiel von Rittweger war das Material GCC von Novotech. Es kam bei der Produktion der Sitzbank "Silva" zum Einsatz, die 2023 für den Green Product Award nominiert war. Das zugrundeliegende Stoffstromdesign bindet den Kohlenstoff aus der Atmosphäre über 100 Jahre.

Transformationsstrategien integriert entwickeln

Markus Kühlert, Co-Leiter des Forschungsbereichs "Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren" am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, vertrat in seinem Impuls die These, die Klimawende gelinge nur zusammen mit einer Ressourcenwende, denn der Blick auf die Stoffströme sei entscheidend. Die Extraktion und Verarbeitung von Rohstoffen, so Kühlert, verursachten 23% der THG-Emissionen. Aktuell läge die Circular Material Use Rate in der EU bei gerade einmal 11,7%.

Eine weitere These von Kühlert: Mit zirkulären Geschäftsmodellen wird nachhaltiger Konsum ermöglicht. Statt Akteursgruppen gegeneinander auszuspielen, entspreche ein partnerschaftlicher Ansatz SDG 17 und sei sehr viel erfolgversprechender. Ressourcenleichtigkeit lasse sich durch ein Zusammenspiel von Kreislaufwirtschaft, Bioökonomie und Materiallogistik erreichen.

Eine Dematerialisierung des Lebensstils könne einen Gewinn an Lebensqualität bedeuten, so Kühlert. Notwendig seien geschlossene Kohlenstoffkreisläufe, ein integratives Design und neue Produkt-Dienstleistungssysteme. Ein Living-Lab-Ansatz zur Abschätzung von Rebound-Effekten könne bereits in frühen Stadien des Produktdesigns unterstützen.

Zur Veranschaulichung brachte Kühlert ein Beispiel aus dem FONA-Forschungsprojekt "Circular by Design": ein Kühlschrank der Firma Liebherr. Im Rahmen des Forschungsprojekts traten erstmals Kühlschrankhersteller und Entsorger in den Dialog. Das Ergebnis war ein modular gebauter (und damit erweiterbarer) Kühlschrank, bei dem die Kühleinheit vom Schrank gelöst werden kann.

Abschließend forderte Kühlert, Effizienz, Suffizienz und Konsistenz prioritär zu behandeln. Bei Technologien zu Carbon Capture & Storage bzw. Utilization (CCS bzw. CCU) sei der Energieaufwand relevant für die Bewertung. Beides komme grundsätzlich nur für unvermeidbare Emissionen in Frage. Transformationsstrategien (Kreislaufwirtschaft, Wasserstoff, Biomassestrategie etc.) sollten integriert entwickelt werden. Außerdem sei es notwendig, den gesellschaftspolitischen Diskurs zu stärken. Die aktuell vorhandenen Möglichkeiten zur Führung von Kohlenstoff in geschlossenen Kreisläufen seien 60% der Bevölkerung nicht bekannt, dabei seien öffentliche Akzeptanz und Vertrauen entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung.

"Wenn ich etwas nicht verstehe, liegt das Nein näher als das Ja"

Peter Bachmann, Geschäftsführer und Gesellschafter der Sentinel Haus Institut GmbH, betonte in seinem Impuls die Bedeutung der Kommunikation. Es sei wichtig, ehrlich zu bleiben und Verantwortung zu übernehmen. Einige Probleme und deren Lösungen veranschaulichte er an Beispielen aus der Hotellerie. So werden dort häufig Holzwerkstoffplatten für die Einrichtung benötigt. Da Holzverbrennung jedoch besser bezahlt werde als die Herstellung solcher Platten, importiere die Schweiz z.B. 25% Holz für die Holzwerkstoffplattenherstellung. "Wenn ich etwas nicht verstehe, liegt das Nein näher als das Ja", fasste Bachmann die allgemein herrschende Skepsis zusammen. Diese zutiefst menschliche Haltung sei auf viele Bereiche übertragbar und verhindere häufig Veränderungen. Beim Beispiel der Holzwerkstoffplatten müssten Hotelier und Handwerker zusammenarbeiten.

In der Diskussion wurde betont, wie wichtig Belege und Zertifikate sind: z.B. das vom Sentinel Haus Institut verliehene Zertifikat GreenSignCircular, das Raumgesundheit, Klimaneutralität und soziale Standards einbezieht. Unternehmen müssen bei Bauvorhaben aufgrund des Green Deals ESG-Kriterien berücksichtigen. Wer Nachhaltigkeitsengagement nicht belegen kann, laufe Gefahr, Aufträge zu verlieren.

Innovationsgeist und Kooperationskultur fördern

Diskutiert wurde auch, wie sich Innovationsgeist und Kooperationskultur fördern lassen und wer dabei die Mittlerrolle übernehmen kann. Handwerkern müsse Wertschätzung entgegengebracht und vermittelt werden, dass Auftragsvergabe an die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien geknüpft ist. Grundsätzlich müsse es Spaß machen, in die Zukunft zu gehen! Die Akteure am Bau über die Grenzen der Gewerke hinweg miteinander ins Gespräch zu bringen, trage hierzu bei, weil sie Ergebnisse hervorbringen, die gutem Handwerk entsprechen.

Reaktanz erzeugt, dass Veränderungen zunächst einmal Geld und (personelle) Ressourcen kosten. Die Industrie habe ein starkes Interesse daran, alte Prozessketten zu erhalten. Dem müsse entgegengewirkt werden.

Motivierend könne wirken, wenn Entsorgungskosten als Verluste ausgewiesen und ebenso wie Lebenszykluskosten sichtbar gemacht würden. Heiko Rittweger zeigte sich sicher: Zirkuläre Bauweise ist pro Quadratmeter letztendlich günstiger als konventionelle.

Präsentation aus dem Workshop (PDF)



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