WIRTSCHAFT ÜBERNIMMT VERANTWORTUNG FÜR KLIMASCHUTZ
Die Klimatransformation läuft, die Wirtschaft zieht mit. Das ist die Essenz des Climate Transformation Summit 2021, den B.A.U.M. als Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften in diesem Jahr mit Moderationen, Diskussionsbeiträgen und Best-Practice-Beispielen unterstützt hat. Über 600 registrierte Gäste nahmen an zwei digitalen Konferenztagen an den unterschiedlichen Formaten teil, die das Berliner Start-up The Climate Choice zum zweiten Mal organisiert hatte. B.A.U.M. brachte seine Definition von Klimaneutralität ein, die dazu beiträgt, den Begriff für die praktische Arbeit nutzbar zu machen, und zugleich auf dem Kenntnisstand der Klimaforschung Klarheit über notwendige Zielstellungen schafft.
B.A.U.M. organisierte zwei Programmpunkte: Der Workshop "Betriebsabläufe klimakompatibel machen" am ersten Konferenztag, 10.06.21, wurde von Antonia Thiele, Projektmanagerin von "Wirtschaft pro Klima", moderiert. Der Automobilkonzern VW hat das Ziel formuliert, bis 2050 klimaneutral zu sein. Karsten Miede, Leiter des Kompetenzcenters carbon neutral der VW Kraftwerk GmbH, erläuterte, dass die Steigerung der Energieeffizienz in allen Bereichen der Produktion im Fokus steht. Dieser Weg kann nur schrittweise gegangen werden und wird durch den Umstieg auf erneuerbare Energien überall, wo es möglich ist, flankiert. Ein stufenweises Vorgehen sei für den Konzern das Mittel der Wahl: Kohle werde zunächst durch Erdgas ersetzt, um letztlich in einen emissionsfreien Wasserstoffbetrieb zu münden. Im Bereich e-Mobilität sollen im Umfang der beim Laden verbrauchten Graustrom-Mengen neue und zusätzliche regenerative Erzeugungsanlagen zugebaut und deren Strom in den Markt eingespeist werden. Überall dort, wo sich Emissionen heute nicht wirtschaftlich vermeiden lassen, wird zunächst noch kompensiert und insgesamt langfristig auf Negative Emission Solutions („Removals"), sprich, den Entzug von CO2aus der Atmosphäre mittels natürlicher oder technischer Lösungen gesetzt werden. Eine besondere Herausforderung liege darin, dass die Antriebstechnologie und der Typenmix im Markt insgesamt umgestellt werden müssten. VW fasse für den Verkauf von Autos hinaus einen breiteren Ansatz in den Blick, etwa mit dem Bereich Mobilitätsdienstleistungen generell. Klar ist laut Miede, dass der Bereich Automotive ohne Kompensation in der Lieferkette vorerst nicht auskomme. Das 2-Grad-Ziel habe im Konzern neues Nachdenken und neue Kreativität ausgelöst. Die Fragen nach Energieeffizienzmaßnahmen, was sie kosten und wie schnell sie sich amortisierten, würden helfen zu priorisieren.
Bei der Entwicklung der eigenen Klimastrategie wurde VW unter anderem von First Climate unterstützt, einem international tätigen Anbieter von Lösungen für Klimaschutz und regenerative Energieversorgung. Das Unternehmen verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung auf diesem Gebiet.
Im Bereich der Grünstromversorgung ermöglicht First Climate seinen Kunden den Bezug von erneuerbaren Energien im internationalen Umfeld und bietet dazu verschiedene Marktinstrumente für Standorte in Europa, Nordamerika und vielen weiteren Regionen und Ländern. Mike Hatert, Head of Renewables bei First Climate, sieht bei der Grünstromversorgung große Qualitätsunterschiede, weshalb die Auswahl der richtigen Instrumente von großer Bedeutung sei. Die Strategie von First Climate umfasse auch langfristige Lieferverträge (Power Purchase Agreements) und gehe im Hinblick auf das CO2-Management nach dem grundsätzlichen Beratungsansatz "vermeiden – reduzieren – kompensieren” vor, wie es auch die B.A.U.M.-Definition für Klimaneutralität vorsieht. Die Kompensation unvermeidbarer CO2-Emissionen könne zusammen mit der verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien einen wichtigen Beitrag dazu leisten, das weitere Ansteigen von Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre zu vermeiden. Es sei jedoch wichtig, bei der Kommunikation auf größtmögliche Transparenz in Bezug auf das eigene Klimahandeln zu achten, um dadurch glaubwürdig zu bleiben. Bei der Auswahl der zur Verfügung stehenden Marktinstrumente und Dienstleister sollte auf die Standards zur Klimaneutralität geachtet werden, die seit 20 Jahren existieren. Yvonne Zwick wies auch auf die ISO-Norm 14068 hin, die derzeit entwickelt und voraussichtlich 2023 final veröffentlicht wird.
Am Freitag, 11.06.21, moderierte die B.A.U.M.-Vorsitzende Yvonne Zwick den Fireside Chat "Digitalisierung und Umwelt", in dem es um die Rolle der Digitalisierung auf dem Weg zur Klimaneutralität ging. Valentina Daiber, Vorständin Recht und Corporate Affairs von Telefónica Deutschland/O2 und Trägerin des B.A.U.M. | Umwelt- und Nachhaltigkeitspreises 2020, erläuterte den Responsible Business Plan 2025 des Unternehmens. Diese Nachhaltigkeitsoffensive wurde im März vorgestellt und beinhaltet insgesamt 76 Nachhaltigkeitsmaßnahmen, die teils mit bonusrelevanten quantitativen und teils mit qualitativen Zielen hinterlegt werden. "Die Ziele für 2021 sind fix. Jetzt bewerten wir die Zielerreichung von Jahr zu Jahr und legen jeweils zum Jahreswechsel mit allen Beteiligten neue Ziele fest”, sagte Valentina Daiber, die eingangs betonte, dass jede Strategie auf die Mitwirkung des gesamten Teams dahinter angewiesen sei, um wirklich gut zu werden. Die Mitarbeiter:innen von Telefónica seien in die Umsetzung dieser globalen Strategie stark einbezogen. Das Unternehmen will mit dem grünsten Netz spätestens 2025 klimaneutral sein, mehr nachhaltige Produkte und Dienstleistungen bieten und nicht zuletzt die sichere Teilhabe am digitalen Leben sowie die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft gestalten.
Jan Dzulko, Geschäftsführer und Gründer von von Everphone, berichtete vom Geschäftsmodell seines Unternehmens, dem "Phone as a Service". Die Lebensdauer qualitativ hochwertiger Mobiltelefone liege bei 5 bis 7 Jahren und werde oft nicht ausgeschöpft; günstige Geräte liefen im Schnitt 2 Jahre zuverlässig. Mit dem Konzept "buy and rent back” sowie mit dem Firmenhandy-Refurbishing verlängere sich die Nutzungsdauer der Geräte erheblich, was sich wiederum positiv auf die gesamte Ökobilanz auswirke. Smartphones würden in der Handywerkstatt dann wieder aufbereitet und weiterverkauft. Pro Smartphone könnten so 58 kg CO2 eingespart werden.
Yasha Tarani, Mitgründer von The Climate Choice und Gastgeber des Climate Summit, teilte die Einschätzung, dass Deutschland mit einer beschleunigten Digitalisierung alle Chancen habe, die Klimaziele zu erreichen. The Climate Choice bringe sich als Plattform und mit Software-Dienstleistungen ein, um die Klimaperformance von Unternehmen sowie die Effekte von Klimamaßnahmen per Climate Readiness Check digital zu erfassen. Das Fazit des Panels war: Wir brauchen Digitalisierung, um die Klimaziele zu erreichen – ohne Netze keine Digitalisierung. Hier müsse die Politik dringend handeln, um mit verlässlichen Rahmenbedingungen und eindeutiger Gesetzgebung den „grünen" Netzausbau und die Kreislaufwirtschaft zu fördern.
Die Diskussionen auf der Veranstaltung waren insgesamt von großer Wertschätzung für die Anstrengungen großer Unternehmen und einer auf Neugier gegründeten sachlichen Diskussion der über 600 Gäste geprägt. Gleichzeitig wurden fehlende CO2-Reduktionsmaßnahmen und noch ausstehende Transformationsschritte kritisch und offen diskutiert. Gastgeber Yasha Tarani wünschte sich für den nächsten Climate Summit eine noch größere Beteiligung von produzierenden Unternehmen, um die Diskussion um Klimaschutzmaßnahmen weiter zu diversifizieren.
Yvonne Zwick bewertet die Partnerschaft mit The Climate Choice aus Perspektive von B.A.U.M. e.V. positiv: "Es zeigt sich, was entstehen kann, wenn Akteure mit unterschiedlichen Profilen und Begabungen ihre Kräfte bündeln – die von Climate Choice liegen eindeutig in der kreativen Organisation spritziger Diskussionen und Vernetzungsmöglichkeiten auf verschiedenen digitalen Kanälen.”
B.A.U.M. und zahlreiche Akteurinnen und Akteure aus dem Netzwerk steuerten ihre teils über Jahrzehnte gesammelten Erfahrungen mit der Entwicklung von Klima- und Nachhaltigkeitsstrategien bei. Neben B.A.U.M. e.V. waren auch Mitglieder als Partner und Aussteller beim Climate Summit: AfB gGmbH, Climate Partner, Envoria Financial Software Architects, First Climate Markets AG, Naturstrom AG, sustainabill. Darüber hinaus waren aus der Fördermitgliedschaft und den Gremien von B.A.U.M. e.V. Karol Gobcynski (IKEA), Yvonne Jamal (JARO Institut), Harald Rettich und Marlien Rubner (beide myclimate), Andreas Maslo (Verso), Thorsten Grantner (OmniCert, Mitglied des B.A.U.M.-Gesamtvorstands), Nils Giesen (abat) und Prof. Dr. Claudia Kemfert (DIW, Mitglied des Kuratoriums Wissenschaft von B.A.U.M. e.V.) zu Beiträgen eingeladen.
Weiterführende Informationen:
- Veranstaltungswebsite des Climate Transformation Summit 2021
- Reflexion von Valentina Daiber, Vorständin Telefónica, auf LinkedIn
- Nachbericht zum Plenumsprogramm des ersten Tages des Climate Transformation Summit: Der Veränderungswille ist da - energiezukunft
- Aktuelle BITKOM-Studie zur Abschätzung des Beitrags digitaler Technologien zum Klimaschutz (durchgeführt vom B.A.U.M.-Mitglied Accenture im Mai 2021)
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