AKTUELLE STUDIEN – ZUR LEKTÜRE EMPFOHLEN!
In den vergangenen Wochen wurden drei bemerkenswerte Studien veröffentlicht: eine zum Stand nachhaltigen Wirtschaftens in Deutschland mit Bezug zur Grundgesamtheit aller deutschen Unternehmen (1), eine repräsentative Forsa-Umfrage zu "ESG-Herausforderungen für Großunternehmen in Deutschland" unter 104 mittelständischen und 32 börsennotierten Unternehmen (2), sowie eine Forsa-Umfrage zur Bedeutung von Nachhaltigkeit für den Mittelstand (3). Lesen Sie hier Einstiege in alle drei Studien, die wir Ihnen wärmstens zur Lektüre ans Herz legen!
1. Studie zum Stand nachhaltigen Wirtschaftens vom Rat für Nachhaltige Entwicklung
Die Gesellschaft für Wissens- und Technologietransfer der TU Dresden hat im Auftrag des Nachhaltigkeitsrats eine Gesamtbilanz der in Deutschland nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen gezogen. Die Autorinnen und Autoren – Prof. Dr. Remmer Sassen, Leyla Azizi, Dr. Colin Bien, Vera Braun – beschreiben als zentrales Spannungsfeld die fehlende Wirkung unternehmerischer Selbstverpflichtungen und geeigneter Regulierung. Es sei nötig, kluge Anreize zu setzen, damit Freiheit und Kreativität fließen und Transformationswege verkürzt werden. Die Studie gibt auch Hinweise dazu, was wir nicht wissen, wo es Datenlücken gibt und leitet Empfehlungen an das Statistische Bundesamt ab.
Die Studie klassifizierte 0,15% (bezogen auf die Grundgesamtheit von 3,2 Mio.) deutscher Unternehmen als nachhaltig wirtschaftende Unternehmen – das entspricht in absoluten Zahlen: 5.837 Unternehmen, rund 20 Mio. Euro Umsatz im Inland und 78.313 Arbeitsplätzen. Methodisch basiert das strengere Szenario 1 auf nachhaltigkeitsbezogenen Unternehmenslisten wie z.B. Nachhaltigkeitskodex-Datenbank, IÖW/future-Ranking der Nachhaltigkeitsberichte, GRI-Berichterstattung, EMAS, Deutscher Nachhaltigkeitspreis, Gemeinwohlbilanz, Econsense- und BNW-Mitgliedschaft, B-Corp und Global Compact Unterstützung. Was uns besonders freut: Die Auszeichnung mit dem B.A.U.M.-Preis sowie die B.A.U.M.-Mitgliedschaft wurden jeweils mit Punkten honoriert.
Im Szenario 2 wurden Unternehmen, die gängige Nachhaltigkeitslabel nutzen sowie Start-ups aus dem Green Startup Monitor des Borderstep Institut als nachhaltigkeitsorientiert betrachtet. Sie machen 0,32% der Grundgesamtheit aller Unternehmen aus, in absoluten Zahlen: 12.505 Unternehmen mit 38 Mio Umsatz im Inland und 130.396 Arbeitsplätzen. Bemerkenswert: Im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung, einem Themenfeld, das B.A.U.M. mit dem Mitglied Stefan Lohmann, 2bdifferent, Besondere Orte und weiteren in den Blick nimmt, sind lediglich 7 Unternehmen (d.h. rd. 2%) ausgemacht worden.
Die Autorinnen und Autoren ziehen das Fazit, dass diese Zahlen ein Riesen-Potenzial beschreiben, oder – das ist unsere Lesart – eine Mammut-Aufgabe, wenn es darum geht, Mehrheiten im Markt zu organisieren. Umweltwirtschaft habe ein höheres Beschäftigungswachstum im Vergleich zur Gesamtwirtschaft, was den höheren ökologischen und gesellschaftlichen Nutzen belegt.
In der Studie wurden einzelne Unternehmen als Best Practice portraitiert, und zwar
in der Kategorie "Unternehmen in der Transformation" (100% B.A.U.M.-Mitglieder):
- deutsche Telekom
- Tchibo (dazu Podcast von "Masters of Change")
- REWE
in der Kategorie "Nachhaltigkeit im Kerngeschäft" (100% B.A.U.M. Mitglieder):
- Vaude (dazu Podcast von "Masters of Change")
- memo
- Neumarkter Lammsbräu
und in der Kategorie "Kleinere Unternehmen und Start-ups":
- Ecosia
- African Green Tech (dazu Podcast von "Masters of Change")
- Regionalwert
- SirPlus
Zur weiteren Information finden Sie hier den Mitschnitt eines Webinars zur Studie von WeShyft vom 30.6.2021 sowie die Präsentation von Prof. Dr. Remmer Sassen von der TU Dresden.
2. Forsa-Studie von OMFIF, Bankenverband, DRSC und Partnern: Wie aufgeschlossen sind deutsche Unternehmen gegenüber Brüsseler Regulierungsinitiativen?
Eine Studie, die es in sich hat, zumal sie vom eher nicht so unter Ideologieverdacht stehenden Bankenverband und dem Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee e.V. in Auftrag gegeben wurde. Präsentiert wurde sie am 17. 6. Kernerkenntnisse: Trotz schwieriger politischer Rahmenbedingungen für die Transformation erwarten drei Viertel der großen mittelständischen Unternehmen mindestens gleichermaßen Vor- wie Nachteile für ihr Unternehmen durch die Brüsseler Klimaschutzpolitik. 50% der Mittelständler geht davon aus, dass sie ihrem Unternehmen unterm Strich nutzen wird. Börsennotierte Unternehmen sind weniger positiv eingestellt: Rund 60% erwarten wirtschaftliche mindestens gleichermaßen Vor- wie Nachteile infolge des Green Deals, nur knapp ein Drittel erwartet eher Vorteile. Die Studie wurde von der Berliner Steuerberaterin Janine von Wolfersdorff, Fellow am New Institute in Hamburg und B.A.U.M. Mitglied, geleitet. Lesen Sie weiter auf den Seiten des Bankenverbandes – dort gibt es auch eine zusammenfassende Präsentation z.B. mit der Einschätzung der Befragten, wie hoch die Anteile taxonomiekonformer Wirtschaftsaktivitäten aktuell sind.
3. Wirtschaft im Umbruch: Die Chancen des Green Deal – Studie der Unternehmerperspektiven Initiative Commerzbank
Diese Studie ist Wasser auf die Mühlen all derer, die ihr Kerngeschäft schon länger und schon gar nicht erst auf regulatorischen Druck hin verändert haben oder im Begriff sind, es zu verändern. Die Initiative Unternehmerperspektiven des B.A.U.M-Mitglieds Commerzbank wurde von Carsten Steevens in der Börsen-Zeitung wie folgt kommentiert: "In spätestens zehn Jahren werden Banken keine Kredite mehr an Mittelständler vergeben, ohne dass das Thema Nachhaltigkeit Bonitätsbetrachtungen beeinflusst." Für mehr als 80% der Unternehmen sei der Dreiklang aus Ökologie, Ökonomie und sozialer Verantwortung sehr wichtig – dennoch haben ein Drittel der Unternehmen (noch) keine Strategie. Unternehmen, die über eine Nachhaltigkeitsstrategie verfügen, ficht die Krise nur wenig an. Rund 70% sehen in Nachhaltigkeit eine Chance für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit und als notwendig für die Zukunftsfähigkeit des Mittelstandes. Vier Fünftel der für die Commerzbank Studie von Forsa repräsentativ befragten Gesellschaften sähen sich für Herausforderungen der nachhaltigen Unternehmensführung gut gerüstet. Wir meinen: Dann kann ja nichts schief gehen – oder?
Yvonne Zwick, Vorsitzende von B.A.U.M. e.V., dazu: "Die Commerzbank-Studie bestätigt wie die des Nachhaltigkeitsrates, dass es eine große Mehrheit von Unternehmen gibt, die informelle Nachhaltigkeit praktizieren. Die Frage ist nun, wie aus der gelebten oder gefühlten Nachhaltigkeit ein strategischer Wettbewerbsvorteil wird – meiner Ansicht nach geht das nur über den Weg der Transparenz und Berichterstattung."
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