KRITISCHE INFRASTRUKTUR DURCH VERANTWORTUNGSEIGENTUM ABSICHERN
Die Beteiligung der chinesischen Reederei Cosco am Hamburger HHLA-Terminal Tollerort wurde in Politik und Öffentlichkeit heftig diskutiert. In Schreiben an die Vorstandsvorsitzende der HHLA Angela Titzrath sowie an Bundeskanzler Olaf Scholz schlug die BAUM-Vorsitzende Yvonne Zwick vor, kritische Infrastruktur wie das HHLA-Tochterunternehmen CTT GmbH mit Hilfe der Purpose-Stiftung in Verantwortungseigentum zu überführen und so gegen strategische Einflussnahme kontroverser Akteure und im Sinne der Gemeinwohlorientierung abzusichern.
Die BAUM-Vorsitzende Yvonne Zwick lobt in ihrem Schreiben an Bundeskanzler Olaf Scholz die Hamburger Hafen und Logistik Aktiengesellschaft (HHLA) für ihre transparente und auf die SDGs orientierte Berichterstattung. Jede Investition müsse daher auf ihre Tauglichkeit geprüft werden, inwiefern sie die Ziele dieses Unternehmens unterstütze. "Ich fordere seit Jahren gemeinsam mit französischen Partnern aus der Wirtschaft bei der EU-Kommission in Brüssel eine licence to invest, sozusagen in Fortsetzung der licence to operate, die vorbildliche Unternehmen wie die HHLA durch Nachhaltigkeitsperformance und Berichterstattung verdienen", erklärt Zwick. Auf Basis der Gestaltungsidee des EU Green Deal diese licence to invest sowie gebotene Sorgfaltspflicht zu konkretisieren, sei eine Frage glaubwürdiger Governance.
Die BAUM-Vorsitzende erinnert an Beispiele von Unternehmen der Automobilindustrie in Joint Ventures mit chinesischen Partnern (in China), die es versäumt hätten, die Regeln der Zusammenarbeit vorab zu vereinbaren, so dass sie jetzt in den Regeln der chinesischen Regierung gefangen seien. "Weil das Geschäft profitabel ist, sind die Verflechtungen schwer zu entflechten – zum Nachteil der eigenen Werte", warnt Zwick.
Daher schlägt Zwick vor, das HHLA-Tochterunternehmen Container Terminal Tollerort (CTT) GmbH mit Hilfe der Purpose-Stiftung in Verantwortungseigentum zu überführen. Diese Unternehmensform ermöglicht, nach außen als GmbH aufzutreten, dabei aber nach innen gegen Übernahmen abgesichert zu sein. Derzeit sind ca. 70 progressive Unternehmen in Verantwortungseigentum und arbeiten mit der Purpose-Stiftung zusammen, um die Zeit zu überbrücken, bis es die Rechtsform der "Gesellschaft mit gebundenem Vermögen" (GmbH-gebV) gibt, die als Regulierungsvorhaben im Koalitionsvertrag steht. So könnte die Hamburger CTT zugleich ein Pilot für die GmbH-gebV sein. "Meiner Ansicht nach wäre diese Rechtsform geeignet für kritische Infrastruktur, die man gegen strategische Einflussnahme kontroverser Akteure und im Sinne der Gemeinwohlorientierung absichern will", begründet Zwick ihre Initiative.
In Frankreich wurde unternehmerische Verantwortung in den Code Civil integriert und Unternehmen werden verpflichtet, entstandene Schäden selbst zu beheben. "Das französische Verständnis geht recht weit. Es ist den Herausforderungen unserer Zeit angemessen, in denen Staaten immer weniger in der Lage sein werden, Schadschöpfung und deren Effekte auf die Umwelt, die Gesellschaft und volkswirtschaftliche Gesamtbilanzen wieder gut zu machen", sagt Zwick und schlägt vor, dem 2019 geschaffenen Deutsch-Französischen Zukunftswerk neue Wirksamkeit und einen konkreten Auftrag zu geben: in den Interreg-Regionen Visionen und Maßnahmen für regionale Wertschöpfung im Dialog mit jungen Generationen und der Wirtschaft zu entwickeln. So könne die starke Idee von Europa an der Basis weiter Substanz erhalten – als Antwort auf die europäische Agenda, der erste klimaneutrale, wettbewerbsfähigste und inklusivste Wirtschaftsraum zu werden.
"Der Jahreswirtschaftsbericht 2022 des BMWK zeigt die Richtung, wie wir zu einer wirkungsbasierten volkswirtschaftlichen Gesamtbilanz kommen können. Impact Assessment und Lebenszyklusanalysen sind auch für die Bewertung Erneuerbarer 'Freiheits'-Energien und fossiler Energien (inkl. Atom) im Lichte des EU-Aktionsplans Sustainable Finance sinnvoller denn je", schließt die BAUM-Vorsitzende ihr Schreiben an Bundeskanzler Scholz.
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