DR. LUTZ FÄHSER & KNUT STURM - STADTWALD LÜBECK
Dr. Lutz Fähser, Jahrgang 1944, ist Leitender Forstdirektor i. R. und war bis 2009 Leiter des Bereichs Stadtwald der Hansestadt Lübeck. Sein Nachfolger Knut Sturm, Jahrgang 1960, setzt die gemeinsam begonnene Arbeit nach dem sog. Lübecker Konzept fort. Dieses naturnahe Konzept der Waldnutzung gilt in Deutschland und auch international als beste fachliche Praxis im Hinblick auf ein nachhaltiges Waldmanagement.
Lutz Fähser studierte Forstwissenschaften in Freiburg und München und promovierte in Freiburg zum Dr. rer. nat. Anschließend war er in der hessischen Staatsforstverwaltung und im Forstamt Salmünster (Spessart) beschäftigt. In Curitiba (Brasilien) arbeitete er in den Jahren 1978-1980 am Aufbau des ersten Lehrstuhls für Naturwaldbewirtschaftung und Forstliche Betriebswirtschaft an der dortigen Universität mit. Zurück in Deutschland übernahm er die Leitung der von Bismarck’schen Forstverwaltung in Friedrichsruh bei Hamburg. Es schloss sich eine zweijährige Tätigkeit als Wissenschaftler in der Bundesforschungsanstalt für Forst und Holzwirtschaft in Hamburg an, bevor Dr. Lutz Fähser 1986 als Leiter des Bereichs Stadtwald nach Lübeck ging. Seit seiner Pensionierung 2010 arbeitet er als Kurzzeitgutachter für Entwicklungsprojekte weltweit.
Knut Sturm studierte Forstwirtschaft in Göttingen sowie Ökologische Umweltsicherung mit Schwerpunkt Landschaftsökologie in Kassel. Von 1982 bis 1992 arbeitete er hauptberuflich für Forstverwaltungen, u. a. als Referatsleiter für Waldökologie im saarländischen Wirtschaftsministerium. Von 1992 bis 2010 war er freiberuflich tätig: als Inhaber des Büros für angewandte Waldökologie sowie als geschäftsführender Gesellschafter der von ihm gegründeten SilvaVerde GmbH. Schwerpunkt seiner freiberuflichen Tätigkeit war vor allem die Verbreitung des integrativen Prozessschutzes bzw. des Lübecker Models im nationalen und internationalen Kontext (u. a. Brasilien, Vietnam, China, Schweden). Seit Juli 2010 ist Knut Sturm Leiter des Stadtwalds Lübeck.
Ab den 90er Jahren legte Dr. Lutz Fähser mit zahlreichen Fachgesprächen, wissenschaftlicher Zuarbeit durch verschiedene Forstbetriebe und Universitäten sowie einer intensiven lokalpolitischen Arbeit den Grundstein für die Anwendung des integrativen Prozessschutzes, der dann 1994 vom damaligen Stadtforstamt als Lübecker Modell offiziell bekanntgemacht und eingeführt wurde. Die Stadtvertretung Lübeck bestätigte dieses Konzept im Folgejahr auch politisch.
Seine Hinwendung zur naturnahen Waldwirtschaft begründet Dr. Lutz Fähser mit Zweifeln an gängigen betriebswirtschaftlichen Vorgehensweisen: "Ich habe mich nach dem Forststudium […] durch eine Doktorarbeit in Betriebswirtschaft spezialisiert. Bei der Beschäftigung mit diesem Thema wurde mir klar, dass in der Betriebswirtschaft Modelle und Verfahren gelehrt werden, die der Realität nicht entsprechen. Die Natur ist so komplex, so unerforscht und unerforschbar, dass wir andere als die analytischen und mechanistischen Wege suchen müssen." Und Knut Sturm erläutert: "Die Idee ist, die Natur so zu nutzen, dass sie kaum etwas davon merkt. Der Wald braucht klare waldökologisch definierte Ziele, die nicht verhandelbar sind, dann ergeben sich praktisch fast von selbst die drei Säulen der Nachhaltigkeit."
Durch das Lübecker Konzept der Waldwirtschaft konnte die Naturnähe der Waldbestände erheblich verbessert werden. Es gelang, die Holzvorräte zu vergrößern, u. a. zur Bindung von CO2. Die Biodiversität in den Wäldern konnte nachweislich erhöht werden; bei verschiedenen gefährdeten waldtypischen Pflanzen- und Tierarten ist eine Zunahme zu verzeichnen. Bei alldem ist die Zahl der Mitarbeitenden im Stadtwald Lübeck annähernd gleich geblieben. Allerdings ist das Anforderungsprofil an die Mitarbeitenden vielfältiger geworden.
Zur besseren Verbreitung des Konzepts werden öffentliche Veranstaltungen und wissenschaftliche Fachtagungen organisiert, und es wurde eine privat finanzierte Naturwald Akademie gGmbH nach Lübeck geholt. In den nächsten Monaten soll die wissenschaftliche Bearbeitung der Lübecker Wälder intensiviert werden, in Zusammenarbeit mit der Naturwald Akademie, der Universität Lüneburg sowie der Fachrichtung Forstwissenschaften Tharandt der TU Dresden. Geplant sind mehrere Publikationen zur Waldökologie und die Entwicklung eines verbesserten betrieblichen Controllingsystems.
Knut Sturm ist Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Naturwald Akademie gGmbH in Lübeck. Er berät zudem projektbezogen vor allem Greenpeace, aber auch andere national und international agierende Naturschutzorganisationen sowie Universitäten zu waldökologischen Themen.
Dr. Lutz Fähser ist Beirat der Redaktion von "Natur und Landschaft" des Bundesamts für Naturschutz (BfN) und der Naturschutz-Akademie sowie Stiftungsrat der Michael Succow-Stiftung in Greifswald. Im Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) engagiert er sich als stellvertretender Sprecher des Bundesarbeitskreises Wald, als Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats Wald in Schleswig-Holstein sowie als Vorstandsmitglied der Kreisgruppe Herzogtum Lauenburg. Außerdem ist er als Berater für die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) tätig.
Dr. Lutz Fähser und Knut Sturm haben mit dem Lübecker Konzept ein einzigartiges, naturnahes Waldkonzept mit umfassenden Nachhaltigkeitskriterien entwickelt, das für die Bewirtschaftung von Wäldern wegweisend ist und weltweit Nachahmer findet. In Anerkennung dieser Leistung erhalten Dr. Lutz Fähser und Knut Sturm den B.A.U.M.-Umweltpreis in der Kategorie "Institutionen".
Die Angaben zur Organisation beziehen sich jeweils auf den Zeitpunkt der Preisverleihung.